Der Wilddieb
Der Wald lag vor ihm. Hinter ihm lag das Dorf. Dort, in einer kleinen Hütte, schliefen noch seine Frau und sein Sohn. Seine Frau war wieder schwanger, das vierte Mal schon, aber nur eins der 3 geborenen Kinder hatte überlebt. Er hoffte, dass es diesmal ein kräftiges Kind war. Aber dafür musste seine Frau kräftig sein und er betete darum, dass er Glück hatte im Wald und es heute noch eine kräftige Wildsuppe geben konnte.
Es dämmerte jetzt und bis die Sonne aufgehen würde hatte er noch etwas Zeit. In gemäßigtem Trab legte er die letzte Strecke zum Wald zurück. Am Waldrand blieb er kurz stehen und konzentrierte sich auf die Geräusche, die seine Ohren aufnahmen. Es war noch ruhig, etwas Wind, vereinzelt raschelte das Unterholz, mehr nicht. Er wusste, dass heute ein erfolgreicher Tag für ihn war. Guter Dinge hielt er seinen Bogen Richtung Wald und wollte sich gerade einen Pfeil aus dem Köcher holen, als er hastig die Hand auf seinen Mund drückte.
`oh nein´ dachte er und kicherte leicht, worauf er mit der Hand noch mehr Druck ausübte `erst fang ich beinahe an zu pfeifen und nun auch noch Gekicher´. Er nahm die Hand vom Mund und atmete ein paar Mal tief durch. Er war nervös. Auch wenn er es vor sich selbst und erst recht nicht vor anderen zugegeben hätte, aber die Häscher des Sheriffs kontrollierten immer öfter den Wald nach Wilddieben. Vor allem jetzt, wo der König bald wieder eine Jagd veranstalten wollte.
Vorsichtig und langsam ging er in den Wald. Sicherlich, es knackte kaum hörbar unter seinen Füßen, aber das erschreckte das Wild nicht und er wusste wohin er gehen musste. Nicht weit von hier war eine Lichtung und da waren oftmals Hasen und bei viel Glück konnte er sogar ein Reh erwischen. Er blieb immer wieder stehen und lauschte. Da! Trat da nicht jemand auf einen Zweig? Er schaute angestrengt in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Alles war still und er ging langsam weiter. *knack*-*knack* - Wieder hörte er es, drehte blitzschnell den Kopf und erschrak. Rot schimmerte kurz durch das Gehölz.
`So ein Mist´ dachte er, `die Schergen des Sheriffs tragen rot-schwarze Jacken. Was mach ich nun´ Er machte einen großen Satz und versteckte sich erstmal hinter einem Baum. Nachdem sich sein Atem etwas beruhigt hatte schaute er kurz um den Baum herum. â013 Nichts â013 Also: auf gehtâ019s! In leicht gebückter Haltung ging er weiter, er versuchte zu schleichen und *knack* - *knack* . . . er quietsche vor Schreck, seine Knie gaben nach und nun hockte er. Er sah es links vor ihm, wieder schimmerte es rot. `Das kann nicht sein´ er fing langsam an zu schwitzen `wie kann der jetzt so schnell vor mir sein?´ Aber dann kam ihm ein Gedanke: `wenn der vor mir ist, kann ich hinter ihm lang laufen`. Und schon ging er gebückten Schrittes weiter. Die Lichtung war nicht mehr weit. *knack* - *knack* - und schon hockte er wieder, diesmal war es hinter ihm. `Mist!´ dachte er, `ach, egal, ich muss einfach zur Lichtung´ und schon huschte er los.
Während er weiter schlich sah er im Augenwinkel rechts wieder was rotes, er stoppte, er wurde langsam panisch. `oh man´ überlegt er, `hoffentlich ist das Wild nicht vorgewarnt´ hektisch schaute er sich um, die Lichtung war zu sehen, nur noch ein paar Schritte und dann hatte er . . . *knack* - *knack* . . . Mit einem großen Sprung floh er hinter einen Baum. Sein Herz raste. Er spürte die Borke des Baumes ganz deutlich als er sich daran drückte und langsam schaute er um den Baum herum â013 nichts. Er schaute nach vorne, die Lichtung, friedlich, mit den ersten Sonnenstrahlen, nichts, außer ein paar Hasen. Er freute sich, `ja!, sie sind da! Jetzt bloß nichts übereilen.´
Langsam nahm er einen Pfeil und legte ihn auf den Bogen, als er schon wieder, aber nur ganz kurz, was Rotes schimmern sah. `Egal´ dachte er `jetzt oder nie, Martha braucht dringend Fleisch.´ Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals, er schwitzte, aber der Wind stand gut. Vorsichtig spannte er den Bogen, er konzentrierte sich auf einen Hasen, legte an, zielte und . . . . *knack* - *knack* . . . drehte sich blitzschnell im fallen um und schoss auf das rot, das schon wieder im Gebüsch zu sehen war.
Der Hilfssheriff schaute auf den Pfeil in seiner Brust, dann auf den Wilddieb, seine Beine knickten weg, er fiel.
â01ENeinâ01C schrie der Wilddieb, er sprang auf, lief zu dem Mann, den er gerade getötet hatte. â01EAch du sch… , das war nicht geplantâ01C, er kratzte sich am Kopf, und schaute zur Lichtung. Ein paar Hasen waren noch da, die von der ganz unerschrockenen Sorte. Er wusste, dass er einen erwischen musste.
Also drehte er sich um und pirschte langsam zur Lichtung zurück, hockte sich wieder hin, nahm einen Pfeil aus seinem Köcher und . . . und hörte Musik . . . `was ist das denn jetzt?´ er schaute sich um, eine Wiese, die Bäume, der Himmel, ihm schwindelte, ihm war, als ob er schwebte, Leichtigkeit . . . Sein Wohlgefühl wurde nur durch das Gerüttel an seiner Schulter gemindert und eine Stimme die sagte:
â01EHallo Herr Willert, aufwachen, Ihre Traumsequenz ist zu Ende und draußen habe ich schon Ihre Frau gesehenâ01C. Langsam kam er wieder zu sich. Ach ja richtig, er lag auf einem Traumstuhl, er hatte die Sequenz â01EWilddieb im Mittelalterâ01C gebucht. Er grinste. Frisch und munter schwang er die Beine vom Stuhl, stand auf, bedankte sich bei der Mitarbeiterin der â01ETraumfabrikâ01C und ging in den Warteraum.
â01EHallo Marthaâ01C begrüßte er seine Frau, die ihm lächelnd entgegenkam. Er nahm sie in die Arme, drückte sie und gab ihr einen Kuss ins Haar.
Als sie sich von ihm löste streichelte er sanft über ihren schwangeren Bauch und flüsterte: â01EIch liebe Dich so sehr, mein Schatz, ich würde für Dich, für euch beide, sogar töten.â01C
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Geschrieben von
Manne | 15.01.2008 um 10:26 Uhr