Schwarzes Herz des Internets - Teil 2
Schwarzes Herz des Internets - Teil 2
"Das Internet wird kartografiert"
Längst beschäftigt sich eine spezielle Zunft von Forschern damit, den elektronischen Globus
zu kartografieren, dessen Zentrum Root Server A ist. Zu den Pionieren dieser Disziplin
gehört Bill Cheswick von den Bell Laboratories in Murray Hill in New Jersey, vier
Autostunden nördlich von Herndon. Er entwickelte ein spezielles Programm, das die Vernetzung
von global 95 600 Routern zeigt. Das sind Geräte, die als elektronische Weichen die
Datenströme vom Sender zum Empfänger leiten. Sein Kollege Hal Burch von der Carnegie Mellon
University in Pittsburgh versucht nun, dieses gesamte Netzwerk in eine dreidimensionale
Animation zu verwandeln - der Betrachter soll das Internet so sehen, als sause er als
Datenpaket durch Glasfaserleitungen und Steuerelektronik.
Wie aufwändig es ist, das Internet topografisch korrekt zu vermessen, erfährt Tamara Munzner
an der kalifornischen Stanford-Universität. Seit Mitte der Neunzigerjahre beschäftigt sich
die Computerwissenschaftlerin mit der Visualisierung von Informationsnetzen. Langwierige
Prozesse sind nötig, die geografische Position von Routern zu ermitteln - Grundlage für
dreidimensionale Web-Karten. Dabei begnügt sich Munzner mit wenigen Hundert Routern. Die
zeigen allerdings schon, wie das Internet von industrialisierten Ländern beherrscht wird.
Von den Amerikanern allemal.
"Um ein Land vom Web abzuschneiden", sagt David Holtzman, "muss man nur eine Zeile in der
Adressdatei löschen." So könnten, ganz theoretisch, Wirtschafts- oder andere Kriege mit
einigen Mausklicks bei NSI entschieden werden. Eine unfreiwillige Kostprobe gab es im Juli
1997. Damals kopierte Root Server A ein defektes Dot-File auf seine 13 Schwesterrechner.
Innerhalb einer halben Stunde entdeckten Techniker das Missgeschick, aber erst nach zwei
Tagen waren weltweit die Auswirkungen beseitigt. "Das war der bisher einzige Ausfall",
beteuert Clough.
Für NSI gibt es noch andere Gefahren. Soeben erst gestand das US-Wirtschaftsdepartement der
Firma das Recht zu, das Kernstück des Internets vier weitere Jahre zu kontrollieren. Was
danach passiert, ist offen. Konkurrenten wie http://Register.com oder Marvin Enterprises
Inc. wundern sich öffentlich, dass einerseits das Justizdepartement dem Software-Giganten
Microsoft monopolistisches Geschäftsgebaren vorwirft, eine andere Abteilung der Regierung
jedoch NSI eine marktbeherrschende Stellung erlaubt. Noch ist allerdings keinem eine bessere
technische Lösung eingefallen - irgendwo muss Root Server A schliesslich stehen, so lange
das Internet zentral verwaltet wird.
Quelle: Shortnews 2000
Autor
Geschrieben von
Calle | 27.01.2008 um 18:52 Uhr